Bekenntnisse einer Vestalin

„Ich wurde verrückt bei vollem Verstand“ Marguerite Duras

Arbeiten für Reiche
 
 

von Frauke Boggasch

Eigentlich.

 

In der Provinz gekündigt worden – die Hierarchien im Teilzeitjob hatten sich angeblich verschoben[1] – und nach Berlin gezogen. Dann die Frage nach der Finanzierung und mehr oder weniger durch Zufall wurde ich Künstlerassistentin.


[1]             In Nürnberg hatte ich nach dem Studium die Möglichkeit, neben der Archivtätigkeit auch ein Buch zu konzipieren und mit herauszugeben, welches wohl letztendlich das Seine zur Kündigung beitrug. Immerhin hatten es zwei Nobodys geschafft, zahllose Namen zur Teilnahme an diesem Buchprojekt zu bewegen und das Projekt dann auch noch mit einer großen Summe selbst finanziert:
                ELEND – Zur Frage der Relevanz von Pop in Kunst, Leben und öffentlichen Badeanstalten,
                Hrsg. von Frauke Boggasch und Dominik Sittig, Verlag für moderne Kunst Nürnberg, 2006
                Aufgrund mangelndem Verkaufserfolg sollten die noch übrigen Exemplare eingestampft werden, so dass wir sie durch symbolischen Rückkauf davor retten konnten. Wer also noch immer kein ELEND besitzt, wende sich einfach an mich. Noch stapeln sich die Kartons in meinem Wohnzimmer…
                Genugtuung auch deswegen, da im Jahr des Erscheinens 2006

ebenfalls eines dieser unsäglichen Fußball-Großereignisse stattfand – und der Katalog zur thematischen Ausstellung mittlerweile in der Versenkung verschwunden ist (hochfinanziert durch staatliche Unterstützung der Kulturstiftung des Bundes – tja bei dieser Wichtigkeit und Relevanz des Themas…), während die zweite Blütezeit des lieben ELENDS gerade heranreift…
Dieser Katalog zur Fußball-WM („Die Schönheit der Chance“) wird mit folgenden Worten beworben: „Ein künstlerisch-literarisches Kompendium mit zahlreichen Originalbeiträgen, von Autoren aus ganz unterschiedlichen Spielzusammenhängen und den beteiligten Künstlerinnen und Künstlern. (…) und erstaunlicherweise ging es bei all dem immer wieder nur um das eine: die Begegnung von König Fußball – und Königin Kunst…“ Dazu sei nur die kleine Anmerkung gestattet, dass ich diese ganze Intellektualisierung des Fußballs zum Kotzen finde. Je schlimmer die Fußball-Realität (Korruption, FIFA, Homophobie und der ganze Party-Patriotismus/Nationalismus), desto mehr die ganzen Versuche, sei es von literarischer, künstlerischer oder sonst welcher Seite, sich dem Fußball intellektuell zu nähern bzw. diesen an sich ernsthaft auf eine Diskursebene mit Kulturproduktion zu heben. Wahnsinn!                                                           Und damit mein Hass zumindest in puncto Patriotismus/Nationalismus untermauert sei, hier der Hinweis auf einen bereits 2012 in der SZ erschienen Artikel zum Thema: http://www.sueddeutsche.de/wissen/fahnenmeere-zur-em-party-patriotismus-ist-nationalismus-1.1394854

Es wird im Folgenden um konkret Erlebtes gehen, allerdings sind dies nur meine persönlichen Beispiele – die Thematik beleuchtet vielmehr ganz allgemein das strukturelle Verhältnis zwischen Künstler und Assistent.
 
Kleine Storys:
 
November 2007: Ich stehe mit meinen Eltern im Medizinhistorischen Museum der Charité, wir wollen uns die umfangreiche Sammlung der pathologisch-anatomischen Modelle ansehen. Innerhalb der folgenden Stunde erreichen mich gut und gerne 15 Anrufe der Londoner Galerieassistentin, die mit meiner Hilfe versucht, den schwerstabhängigen politoxischen Künstler zum Flughafen Tegel zu bekommen, damit er endlich zum Entzug (zu einem der zahlreichen Entzüge, die Jahre später in Berlin endlich geglückt sind) in eine Spezialklinik bei London kommt. Diese pure Hilflosigkeit in dem Moment, der rückblickend fast grotesk komisch wirkt. Und die Tatsache, dass die Galerien den kranken Künstler melken, solange die Milch kommt. Zur Ausstellungseröffnung in London werden dem gerade aus einem früheren Entzug kommenden Künstler sämtliche Spielarten der bewusstseinserweiternden Mittel angeboten. Hauptsache, der Rubel rollt.

Die Schizophrenie des Arbeitsalltags in dieser Situation bzw. Konstellation: teilweise nach Stunden im Dunst des selbstgekochten Cracks und des Rauchens von Heroin dann das Atelier zu verlassen, um mit der U-Bahn zurück in den Feierabend  - und damit zurück in mein Leben zu fahren. 
Der Rat der Galeristen, Distanz und Abgrenzung wäre die einzige Chance, damit umzugehen, mag an sich völlig richtig sein, angesichts einer Grundsympathie und irgendwie auch einem mittlerweile doch großem Verantwortungsgefühl aber schwer umzusetzen. Klar ist es leicht, zu sagen, man darf nicht co-abhängig werden und muss im schlimmsten Fall einfach alles drauf ankommen lassen. Aber wer ist denn völlig frei von Empathie? Und Menschsein zeichnet sich nun mal durch ein (generelles oder zumindest minimales) Maß an Mitmenschlichkeit aus. Also leichter gesagt, als getan.
 
Eine Ausstellungseröffnung kürzlich, leichte Alkoholeuphorie, Eloquenz, scheinbar müheloses Denken, größenwahnsinnig zugesagt:
Es sollte um meine diversen Erfahrungen als künstlerische Assistentin gehen, um all die bizarren und lustigen Momente, die solche Erfahrungen mit sich bringen.
(ich hatte oft in völlig kranken Momenten als Selbstschutz 

den Gedanken geäußert, irgendwann einmal ein Buch darüber schreiben zu wollen, über all das Erfahrene, Erlebte, Mitgemachte – sozusagen die Kehrseite der Berliner Kunst-Szenen-Glam-Welt)
 
An einem Abend lange mit dem Künstler über Musik unterhalten, hat richtig Spaß gemacht – gleichzeitig fand die Eröffnung der mittlerweile eingestellten Kunstmesse ART FORUM Berlin statt – und ich habe mich in der Höhle und im Dunst der Drogen sehr viel wohler gefühlt, als bei dieser ganzen Scheinheiligkeit an der Eröffnung der Kunstmesse.
 
Ein anderer Morgen, ich treffe den Galerieassistenten auf der Straße vor dem Haus, wo wir mit zwei Bildern zur Probehängung bei Frau Taschen verabredet sind. Diese öffnet im perfekten undone-look (samt Morgenmantel) die Tür. Der Galerieassistent und ich – beide in unterschiedlichen Stadien verkatert – beginnen, das erste Bild abzuspannen, da es für den Flur auf dem Weg zum Schlafzimmer (wo das Bild dann bei einer Kippenberger-Zeichnung hängen wird) zu groß ist. Dem Galerieassistenten wird übel und so stehen wir in dieser perfekten Wohnung, er überlegt, wohin nun mit dem Mageninhalt – und die einzige diskrete Möglichkeit hätte eine Plastiktüte mit dem roten Aufdruck NEU geboten. Großartiger Filmmoment. Ging alles dann doch mehr 

 

oder weniger glatt, wir haben abgespannt und um die Ecke gebracht und wieder aufgespannt, das Bett verrutscht (und dabei die darunter versteckte Waage ans Tageslicht befördert) und probegehängt, dann wieder das zweite Bild ausprobiert. Frau Taschen hat uns machen lassen (und uns zwischendrin einen perfekten grünen Tee zubereitet) und so haben wir uns durch diesen Tag gekämpft, erschöpftes Probeliegen auf dem herrlich bequemen Bett inklusive. Schöne Momente dank wunderbarer Menschen in ähnlichen Positionen bzw. Situationen.
 
Der sozusagen letzte ausschlaggebende Punkt für diesen Text[2] war dann eine Performance/Lecture von Misty, die am 10. Juni dieses Jahres in der Raumerweiterungshalle hier in Berlin stattfand. 


[2]             Die Idee zu einer kritischen Auseinandersetzung mit diesem Thema hat sich in zahlreichen Gesprächen und Diskussionen mit Freunden entwickelt, ganz generell geht es oft um die verschiedenen strukturellen Abhängigkeiten, die eine freie Existenz so mit sich bringt. Und beim Wieder-Lesen des Buches „Fleischmarkt“ von Laurie Penny (es geht grundsätzlich um die Verbindungen von Patriarchat, Körpernormen, Konsum und Kapitalismus) hatte mich vor allem ihre Direktheit begeistert – und dann kam Misty!
Es ging prinzipiell um das „Selbstverständnis“ von unbezahlter Arbeit im Queer Art Kontext (und man kann sich vorstellen, wie viel mehr sich „free labour“ dann im allgemeinen kommerziellen Kunstbetrieb pervertiert hat)
An dieser Stelle deshalb gleich der link zu dem großartigen Text,
auf der angegebenen Seiten kann man diese Performance auch als Video ansehen:
fuckmewhileimgorgeous.blogspot.de/2014/06/masters-tool-is-unpaid-labor-feminist.html?m=1 
 
Kleiner Exkurs zu „unpaid favours“:
 
Neben dem Jobben die Versuche, als Künstler im Kunstbetrieb der Stadt Fuß zu fassen. Und hier treffen bestimmte Beobachtungen und Erlebtes dann doch wieder auf die Fragen, die in diesem Artikel behandelt werden sollen – sowie auf Punkte, die in der oben angeführten Performance ein zentrales Thema waren: die durch jene „unpaid favours“ entstehenden Abhängigkeiten.
 
…was muss man nun also tun, um von einem selbsternannten Kunstkritiker den Kontakt zu einem im weitesten Sinne mit diesem befreundeten Galeristen vermittelt zu bekommen, bzw. diesem von eben jenem Kunstkritiker (mittlerweile ist er 
aufgestiegen und hat den Posten eines Kunstvereinsleiters in den Rheinlanden inne) als Empfehlung anvertraut und somit einer großen Galerie vermittelt zu werden?[3] Auf Nachfrage an den großen Kunstkritiker, ob er sich denn meine Arbeiten ebenfalls mal ansehen würde, wäre es mein Einsatz gewesen, ihn zu bekochen. So bin ich bereits an den ersten Hürden gescheitert[4]Well, not under these conditions, my dear.
 
Die sich daran vielleicht anknüpfenden Überlegungen zu einer grundsätzlichen Ethik des Künstlerdaseins bzw. zur Frage 


[3]             Wenn man malender Mann ist, reicht es wohl, genug zu trinken um anschließend den großen Revolutionär und Punk zu geben – und der Vermittler darf sich dann für das erfolgreiche Andocken des Künstlers an den Galeristen eine Arbeit aussuchen. Zur damaligen Zeit habe ich mir mit besagtem Künstler noch ein Atelier geteilt, weswegen ich das auch alles mitbekommen habe.
[4]              In der weiteren Analyse dieser Frage „Wie kommt man denn nun eigentlich in eine Galerie?“ stellte sich heraus, dass es fast keinen Künstler gibt, dessen Galeriekontakt NICHT auf eine solch persönliche Vermittlung zurückzuführen ist. Klar spielt die Qualität der Arbeit eine Rolle, aber eine eher untergeordnete. Behaupte ich mal nach all den bisherigen Erfahrungen aus meinem Freundes- und Bekanntenkreis.
der Doppelmoral bei Künstlern wären wohl ein komplett eigenes Thema…. 
 
Ende des Exkurses und weiter zum Dasein als Künstlerassistentin.
 
Jeder, der schon einmal näher mit einem Abhängigen/Süchtigen zu tun hatte, wird dieses Gefühl der puren Hilflosigkeit kennen und nachvollziehen können. Die Sorge, wenn man tagelang kein Lebenszeichen mehr bekommt, die Panik, nicht genug getan zu haben und es könnte nun zu spät sein, das lange Warten… 
Ich hatte oft Angst vor dem toten Künstler zu stehen, sobald ich das Atelier betreten würde. In welcher Verantwortung stehen die Galerien? 
Der Ruhm des Zerstörten, Kaputten hat eine Aura gefördert, die fast selbständig den Erfolg des Künstlers unterstützt.
Gerade dieser Typus der mittelalten Kunstfrau (dünn bzw. dürr, immer nach dem hot shit der stilgebenden Fashionistas gekleidet und sehr karrierebeflissen) hat den armen kaputten Jesus am Kreuz der Droge unkritisch bewundert.[5]
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[5]    Mir ist in dieser Hinsicht besonders ein Konzert in den Kunstwerken im Jahre 2009 in Erinnerung geblieben, oben in dem Raum unter dem 

Drogensucht beschleunigt den Ruhm, man muss nicht zur Eröffnung[6] und die vielleicht erfolgversprechende Ochsentour über das „Sehen und Wahrgenommen werden“ machen.
 
Was ist mit der Verbitterung angesichts von zu viel Glück und zu vielen Zufällen der erfolgreichen Künstlerchefs (die mittlerweile 
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Dach, brüllend heiß und für mich fast nicht zu ertragende Kaputtheit. Um mich herum völlig faszinierte Kunstdamen, fasziniert ob der in sich Verdrehtheit und Verlorenheit des völlig abwesenden Körpers/Künstlers. Bereist ein Jahr früher gab es ein ähnliches Konzert, dass der von mir sehr geschätzte Herr Goetz nervös schreibend in der ersten Reihe stehend mitverfolgte „(…)die Harmonien wälzten sich gigantisch wummernd, langsam, dröhnend durch die Lieder, die der Sänger, verschraubt in sich verwunden vom inneren Twist der Wahrheit, in das Mikrofon hineinsang, natürlich nicht zu verstehen vernünftigerweise textlich.“

[6]    So berichtet der unbekannte Tagebuchschreiber („Tagebuch aus dem Berliner Herbst und Winter“ ) in seinem letzten Absatz des Eintrags vom 28. Februar tatsächlich von dem Fall, dass ein Künstler der Galerie verwiesen wurde, weil er nicht bei jeder Ausstellungseröffnung derselben anwesend war… www.vonhundert.de/index47a7.html?id=544
oft jünger als ihre Assistenten sind) und am richtigen Ort bzw. im richtigen Land studiert haben; durch Kommilitonen bereits während des Studiums an Galerien weitergereicht wurden und immer genau zur richtigen Zeit das nötige Quäntchen Glück hatten – kurzum sich die Karriere also nicht allein durch gute Arbeiten auszeichnet?
 
Beim An-Denken und Umkreisen des Themas „Künstlerassistenz“ bemerkt, dass diese persönlichen Erfahrungen allenfalls die Deko sein können, dass es im Kern letztendlich aber um etwas ganz anders geht, eigentlich alles daran festzumachen ist: um die Existenz als  Künstler heute.
 
Die Frage nach Solidarität und Unterstützung durch den erfolgreichen Künstlerchef stellt sich hierbei natürlich auch zwangsläufig – ich habe festgestellt, dass es leider nicht die coolen, unabhängigen, bewusst anders agierenden Künstler sind, die sich für die eigenen Arbeiten ihrer Assistenten interessieren, sondern (in meinem Fall) diejenigen, die in den Medien und im Bewusstsein der Kunstszene als (zu) „marktorientiert“/ affirmativ/unkritisch abgestempelt wurden…
 
Klar – wenn der lässige und geschmackssichere Künstler 
jemanden weiterempfehlen würde und diese Person dann nicht den erhofften Distinktionsgewinn brächte, tja…was dann? Gesichtsverlust? Und natürlich ist es einfacher, einen fähigen, flexiblen, selbständig versicherten Assistenten zu haben, der einfach immer da ist – und der (durch das System) sowieso keine Konkurrenz werden kann.
 
Wäre es also nicht besser, einen komplett vom eigenen Business getrennten Job zu machen?
Ist es einfach ein Jammern auf hohem Niveau angesichts von 6 – 8 € , die als Stundenlohn in der Gastronomie gezahlt werden (und das mit der Lohnerhöhung durch  Trinkgeld ist gerade in Berlin ja auch so eine Sache…)
Und ist es nicht noch nerviger, für halbreiche Menschen arbeiten zu müssen?
 
Wenn man den Job vor allem dafür macht, um Geld für Miete, Atelier, etc. zusammenzubekommen, bedeutet weniger arbeiten schlicht und einfach mehr Zeit für das eigene Leben. Andererseits beinhaltet der Job als allzeit flexibler und fähiger Assistent teilweise automatisch fast „therapeutische“ Dienste, vom Coaching in Schaffenskrisen hin zum Umgang mit den diversen schwankenden Launen. Oft geht dieser Job ja auch über 

reine Büro – bzw. Archivarbeit hinaus, wird dies dann mit einem Stundenlohn von 12 bis 20 € zu angemessen entlohnt?
 
Ganz andere Fragen betreffen dann den Produktionsablauf: Wie weit ist man als Assistentin selbst an den Kunstwerken beteiligt, wieviel konzeptuelle eigene Arbeit leistet man für den Arbeitgeber? Werden Ideen extra belohnt?[7] Und wann fällt die Tätigkeit eigentlich „not in my paygrade“?
 
Überhaupt die Bezahlung – oben wurde bereits am Beispiel der Berliner Trinkgeldkultur auf die Krux der Hauptstadt der Kreativen hingewiesen – es ist natürlich ein Leichtes, die Tatsache auszunutzen, dass es doch immer jemand günstiger macht bzw. (Dank unterstützender Eltern) sogar umsonst, nur für die Erfahrung – oder: die Coolness, die der Job bietet (und die natürlich der Arbeitgeber so definiert) schon völlig ausreicht als Entlohnung![8]


[7]    Da gefällt mir doch die Tatsache, daß es in einem großen Künstleratelier – eigentlich einer Künstlerfabrik – die Gepflogenheit gab, sämtliche Mitarbeiter dazu einzuladen, Ideen zur weiteren künstlerischen Produktion beizutragen – und die vom Künstler ausgesuchte Idee wurde dann prämiert (und mit Geld belohnt!)

Ein fast zehn Jahre altes Projekt zu diesem Thema lohnt das Wieder-Lesen, es hat sich leider nichts verändert, auch wenn die damaligen vier Protagonistinnen mittlerweile alle ihren Weg gemacht zu haben scheinen (Brigitta Kuster, Isabell Lorey, Katja Reichard, Marion von Osten ): „Wenn die Arbeit so ins Leben sickert – Kleines postfordistisches Drama“, erschienen in ARRANCA! # 31 und hier nachzulesen: http://arranca.org/ausgabe/31/wenn-die-arbeit-so-ins-leben-sickert  
Vielleicht ist es typisch für den Kunstbetrieb, dass gerade hier der Geniebegriff, der Starkult um DEN Künstler, den einzigen, originären, außergewöhnlichen Hauptdarsteller besonders im Vordergrund steht.
Während es in Film und Musik ebenfalls selbstverständlich ist, dass nur der Name des Regisseurs oder Musikers auf dem Cover steht, so wird doch auf der Rückseite der Plattenhülle bzw. im Abspann auch de Rest der Crew erwähnt. 


[8]    Hierzu sei auf einen wunderbar dokumentierten Beitrag der Künstlerin Michaela Eichwald verwiesen, die genau diese Tatsache in Erfahrung brachte, als sie in der Galerie MATHEW während ihres Ausstellungsaufbaus mit der dortigen Galerieassistentin ins Gespräch kam… http://www.uhutrust.com/2012/11/29/mitteilung-zu-mathew/

Passend hierzu habe ich die Erfahrung gemacht, dass man als Künstlerassistentin ohne Allüren einfach glatt übersehen wird; man taucht nicht auf in der lange Liste derer, denen Dankbarkeit geschuldet wird, so geschehen nach einem etwa zweiwöchigem Ausstellungsaufbau im MoMa PS 1 (der im Übrigen viel zu meiner Ernüchterung dieser Institution samt Leitungsteam beigetragen hat). Am Eröffnungstag wurde während des Dinners in epischer Breite all jenen gedankt, die zum Entstehen der Ausstellung beigetragen hatten – und die Liste bestand zu einem Großteil aus alten, extrem von der Schönheitschirurgie profitierenden Damen[9] – die natürlich durch ihre finanzielle Großzügigkeit die Existenz dieses ganzen Museums erst ermöglichen.


[9]    Ich möchte hier aus gegebenem Anlaß nochmals auf die Performance von Misty hinweisen, er hat dieses ganze auf Spenden basierende Museumswesen und die damit zusammenhängenden Befürchtungen herrlich charakterisiert – die Frage nach einer „besseren“ Kulturförderung ist natürlich Ausgangspunkt neuer Diskussionen über Sinn und Zweck derselben…“When they want to exhibit my work in corporately sponsored museums run by donors from mutual trusts… I’ll believe myself subversive enough to avoid hypocrisy… that my work will challenge those white walls built with money from the undervalued labor and I’ll make them think differently, even change their ways.”

Egal wie kritisch gedacht und vom Ansatz her interessant die jeweilige Kunst der momentan erfolgreichen Künstler-Chefs auch sein mag, egal wie „Punk-mäßig“ deren Haltung auch ist – wird nicht jede Persönlichkeit durch jahrelanges Grossverdienertum irgendwann transzendiert? Anders gesagt, wenn man jährlich die Million (oder  weniger, aber eben in entsprechendem 6-stelligen Bereich) auf dem Konto hat, macht das was mit einem – zwangsläufig.
 
Wir werden es ja sehen.