Tipps 3

Fortsetzungen des privaten Mietsubjekts. Netz-Werke 1. Verbesserung des Malereidiskurses. 
 
 
von Fabian Ginsberg

Auf Seite 744 findet ein Leser von Art Since 1900, unter dem Kapitel 2009b, einen Text, der so ähnlich unter dem Titel „Painting Beside Itself“, in October, veröffentlicht wurde. Da inzwischen als bekannt vorausgesetzt werden kann, dass es die Kunst nicht gibt und dass es in Kunstgeschichtsbüchern nicht etwa um Kunst, sondern logisch um Kunstgeschichtsschreibung geht und dass es bei der Kunstgeschichtsschreibung darum geht, durch geschickte Handhabung von Methodik und Rhetorik, (wobei Rhetorik als unabhängig von Methodik und Methodik als erhaben über Zeit, Ort und Gegenstand gedacht wird), eine institutionelle Macht zu erlangen, die es erlaubt, Kunst herzustellen, weshalb Künstler, die bereit sind, einen bestimmten, gegebenen Interpretations- und  Legitimationszusammenhang zu akzeptieren, Kunstgeschichtsschreibung zu lesen haben, damit sie wissen, was sie morgens anziehen müssen, während diejenigen, die den herrschenden Namensgebern widersprechen wollen, um eventuell was ganz anderes zu machen, ebenfalls ab und zu Kunstgeschichtsbücher lesen sollten, um nicht aus Versehen die Geschichte der Kunstzeitschrift October mit ihrer eigenen persönlichen Kunst zu verwechseln, darum brauche ich an dieser Stelle ja nicht viel Worte über Kunstgeschichte zu verlieren.
 
„How can painting incorporate the multiple networks that frame it?“ heißt es unter 2009b / Painting’s social networks. Es 

 

ist mir zu langweilig, alles zu referieren, was in diesem Text gesagt wird, ich schreibe lieber, was mich selber interessiert, wenn’s nachher dasteht und es ist eine Zeitverschwendung, zu wiederholen, was es eh schon gibt. Also möchte ich, weil es im Folgenden ja um Selbstausbeutung gehen soll, an dieser, für die Inhaltsangabe des obengenannten Artikels vorgesehenen Stelle, lieber etwas von den Jobs erzählen, mit denen ich meine Texte finanziere.
Andererseits erzählen einem so oft Leute von ihren Jobs, dass man schon gar nicht mehr unterscheiden kann, welche Geschichte man selbst erlebt hat und was einem von anderen berichtet wurde. Das ist nachts in der Bar egal, jedoch nicht hier, in diesem aufrichtigen Format, wo nicht Wahrheit für eine Pointe verkauft werden soll. Auch ist es ja dann gar nicht mehr persönlich.
Ich fasse mich kurz und möchte, unter Nennung meines Namens, Fabian, nur kurz darauf hinweisen, dass mein schlimmster Job nicht etwa der als Assistent für einen erfolgreichen Künstler war, sondern der schlimmste war, als ich mal den behinderten und ans Bett gefesselten Kindern und Jugendlichen eines Kinder- und Jugendheims zum Einschlafen Foucault vorgelesen habe. Das war schlimm. Und mies bezahlt.
So. Es geht also im genannten Text um eine Malerei, die neben sich steht, die transitiv ist, die Distributions- und Ausstellungsnetzwerke, aber auch allerlei Soziales, sowie 
Performance und Installation miteinbezieht, visualisiert und inkorporiert und so der Verdinglichung/ commodification entgeht, denn „…once an object enters a network, it can never be fully stilled…“. 
 
Sogleich fällt auf, dass der Begriff des Netzwerks hier so ziemlich alles mögliche fassen muss. Wie früher die Struktur oder das System, kann ein Netzwerk für viel Unterschiedliches herhalten, aber nicht für alles zugleich, wenn es noch etwas bedeuten soll. Zunächst aber noch die Frage an das Satzsubjekt: „How can painting incorporate the multiple networks that frame it?“

Der Text deutet eine Gattungsspezifik der Malerei an, was ihre Überschreitung als eine Pointe erscheinen lässt, während argumentativ eine erfolgreiche Transitivität der Malerei die Leugnung bestehender Medienspezifik voraussetzt. So erlaubt eine Immanenz, die es seit ungefähr 1958 nicht mehr gibt, noch 2009 die Ausrufung einer >Malerei neben sich<. Auf dem Paradox einerseits, mit einer bestehenden Spezifik der Malerei zu operieren und diese andererseits, als für die jeweilige künstlerische Praktik nicht gültig, zu überschreiten, baut die Argumentation auf, wobei dieser Widerspruch des Textes, den thematisierten künstlerischen Praktiken als ein produktiver zugeschrieben werden kann.
Die alte Medienspezifik ist ein Begriffszombie, der herhalten 

muss, um bestimmte Kategorien stabil zu halten, es ist kein Leben mehr drin und kein Sinn, aber die Haut wird noch gebraucht. Das hat er gemeinsam mit dem Mietsubjekt aus Tipps 2.
Der Nutzen des als transitiv beschriebenen Vorgangs in den unterschiedlichsten konzeptuell malerischen Praktiken, (J. Koether, Kippenberger, Stephen Prina, Cheyney Thompson), liegt wohl eher in der inneren Distanz, die sie schafft, als im alten Medienbegriff, der nur stützt. Kunst, als konzeptuelle Kunst ist seit den Ready-Mades immer schon Kunst neben sich, nämlich eine Kunst, die sich von einem Begriff von sich distanziert, indem sie einen bis dahin äußerlichen Ort oder eine Sache vereinnahmt. Dabei wurde die Kunst, (wie der Kapitalismus), bis in die 70er immer auswegloser, da für die beschleunigend wirkende Selbstdistanzierung immer weniger unintegriertes Material zur Verfügung stand. Wenn schließlich scheinbar alles Kunst sein kann, fehlt dem Künstler der für moderne kritische Reflexion nötige Außenstandpunkt. Von einem Standpunkt innerhalb der Kunst kann sich dann nicht mehr zu Welt verhalten werden, denn alles ist immer schon Kunst, und eben nicht Real-Welt. Es kann sich aber auch nicht mehr kritisch zu Kunst verhalten werden, weil es keinen für die Distanzierung von Kunst notwendigen anderen Ort außer der Kunst gibt. Also bleiben nur noch subjektiv verfeinerte Aufführungen bestehender 
innerkünstlerischer Differenzen und Kombinationen, oder absichtliche Selbstverblödung und Leugnung, zwei erfolgreiche Strategien der 00er Jahre.
Wenn konzeptuelle Praktiken, die früher medienunspezifisch und tendenziell entmaterialisierend waren, indem sie einfach als >Kunst< auftraten, jetzt, wo >die Kunst< als Rahmung unfassbar und ausweglos geworden ist, andere Medien integrieren, unter anderem malerische, ermöglicht ihnen das ein reicheres Vokabular (verfügbare Konventionen) und die reflexive Distanznahme durch ein Operieren auf unterschiedlichen Ebenen. Die sogenannte Malerei war dagegen vor und nach Greenberg schon öfter mal für außer ihr liegendes aufgeschlossen und praktiziert schon länger die unterschiedlichsten Distanzierungen und Selbstdistanzierungen, um immer noch reicher und mächtiger zu werden.
Wäre die Malerei einmal fast gestorben, dann durch Greenberg, indem er sie spezifisch wollte. Ansonsten gehören im überquellenden Dreckkessel der Kunst einige Maler immer noch zu den dicksten, aber auch schönsten Maden. Die Malerei ist eine Menge von Methoden, die wiederum Thema sein können, die gemeinsam eine starke Konventionalisierung bilden. Diese ermöglicht Wiedererkennbarkeit als Rahmung und Bezüglichkeit. Rahmende und inhaltliche Konvention, Themen 
und Methoden können die Plätze tauschen und einander bespiegeln, aber auch äußeres aufnehmen. Es gibt weder einen festen Kern, noch definitive Grenzen, noch müssen bestimmte Methoden thematisch sein. So ist Flächigkeit eine Methode, nicht eine Eigenschaft, denn sie muss im leeren, weißen Raum, der optisch die Vorderseite des Objekts: bespannter Keilrahmen, ist, erst von demjenigen hergestellt werden, der sie malerisch thematisieren möchte. Keine der Konventionen ist konstitutiv, dagegen entsteht als Reflex der Bezugnahmen der konventionalisierten Methoden und Themen untereinander, ein Vorstellungsbild der Malerei als Ganzer, dem nichts real entspricht. Es ist wiederum eine Konvention, die perspektivisch den Ort bestimmter Bezugnahmen markiert. Zum Beispiel Greenbergs, als spezifisch behauptete Flächigkeit. Solche perspektivischen Bilder der Verortung sind programmatisch und produktiv, sie behaupten eine Zeitlang >Ich bin die Wahrheit<. Dann kommen andere Künstler und behaupten das Gegenteil. Die Kunsthistoriker, deren Wissenschaft einer anderen, nicht sprung- oder strudelhaften, sondern linear progressiven Logik folgt, und deren Lebensläufe, mit der Herrschaft von Begriffen verwoben und durch Zitierkartelle gedeckt, im Gegensatz zu denen der Künstler, meist erst nach hinten raus gewichtig werden, lehnen sich naturgemäß gegen solch willkürliche Wechsel auf, bestehen 
auf der Konstanz und logischen Entwicklung eines Diskurses und der dazugehörigen Begriffe und damit auf der Stabilität ihrer eigenen betrieblichen Machtposition. 
Kommodifizierung und Verdinglichung, oder Medienspezifik sind in der Malerei weder Methoden, noch Eigenschaften, sondern mögliche Themen. So wie zum Beispiel Komposition, oder action painting ein Thema für die Kunstkritik sein kann, für die Malerei aber sowohl Thema als auch Methode. Oft scheint es, die Kunsttheorie verwechsle aber ihre Tools, (wie die Medienspezifik) mit wirklich vorhandenen Dingen. Als wären ihre eigenen Begriffe nicht semiotisch kritisierbar und historisch, sondern in der Lage, unmittelbar die Realität der Kunst abzubilden. Wenn wiederum die Kunst einen Begriff thematisch, statt nur methodisch verwendet, beziehungsweise ideologisch, statt nur rhetorisch, (was sie ja soll), dann spielt es eventuell eine Rolle, ob der Begriff aus der Geschichte der Praxis des Mediums kommt, (wie >Flächigkeit<, >Komposition<), oder ob er aus einem Diskurs der Theoretiker stammt und dort eventuell mit etwas tatsächlich Vorhandenem, Nicht-Historischem verwechselt wird. Das birgt nämlich die Gefahr der Implantierung von Begriffszombies in neue Kunstwerke, deren versteckter innerer Regress zu neuen seuchenhaften Zombiefizierungen führt, – sie war immer so fröhlich!

 

Als Thema ist Kommodifizierung „a particularly enduring critical dead end in writing about art.“ Die transitive Malerei “invents forms and structures whose purpose is to demonstrate that once an object enters a network, it can never be fully stilled…” Es kann also nicht mehr dermaßen verdinglicht sein und besessen werden. Nämlich, indem die eigentliche Bedeutung nicht mehr im Objekt liegt, das zur Ware werden kann, sondern in einer Kombination aus einer einmaligen Installation, einer begleitenden Performance, virtuellen Bedeutungsfeldern und, als real außerhalb der Kunst liegend beschriebenen, sozialen Konstellationen. Auf die das Objekt, mit dem dazu gehörigen nötigen Wissen eines Betrachters, nur verweist, die es aber nicht enthält. Sein Inhalt ist der Verweis auf außer ihm liegende Netzwerke.
Die Konzeptkunst der 70er musste schon feststellen, dass eine Entmaterialisierung der Kunst und Entwertung des Objekts zur verstärkten Anrufung einer >Kunst< als Substanz führte, die man wiederum institutionell kritisierte, ohne die Institutionen verlassen zu können. Die avanciertesten und entmaterialisiertesten Künstler (Kosuth, art&language) stritten sich darum, wer was zum ersten Mal gemacht hatte, denn um den historischen Deutungsrahmen, als Bedingung der Möglichkeit von Rang durch Erstplatzierung all der kompetitiv progressiven Künstler kam man nun wirklich nicht herum, während Jack Smith, als echter Kunstgegner, sich mit Aids infizierte und starb.

 

Für das angeblich unter Fetischisten beliebteste Format, die Malerei, deren Kommodifizierbarkeit sie zwar nicht allein, sondern alle Kunst auszeichnet, aber sie eben schon ganz besonders, ist die Anwendbarkeit einer solchen Kritik des Werkbegriffs oder der Entmaterialisierung etwas Neues. Damit wären wir aber schon wieder bei einer gattungsspezifischen Leistung, um die es ja gerade nicht gehen sollte. Aber was bringt dann der Kunst die angebliche Transitivität des Mediums der Malerei?
Der Kunst, die um ihre Ausweglosigkeit weiß, bringt der Bezug verschiedener Medien, als historisch verfügbare Rahmen aufeinander, eine innere Distanz, die das außen liegende im Innern wieder herstellbar, also darstellbar macht. So wie Fotografie, Video und Zeichnung konventionalisierte Zeichen zur Darstellung von äußerer Realität bereitzustellen scheinen, kann die Malerei einem kunstinternen Bezug auf >Kunst< dienen. Das müsste nicht so sein, ist aber halt so, historisch.
Da bekannt ist, dass es das richtige Leben nicht gibt, braucht man auch in der Kunst – ausgerechnet der Kunst! – nicht nach einem Ort suchen, wo Wahrheit nicht institutionalisiert ist. Wer glaubt, das Problem der Verdinglichung gelöst zu haben, kann sicher sein, dass er’s nur verlagert und also versteckt und verdunkelt hat, und das ist eben nicht Aufklärung, sondern Obskurantismus und 
der ist nie Zufall, sondern dient zu irgendetwas oder irgendjemandem. Es kann also nur darum gehen, im Bewusstsein der Abhängigkeit, zum Beispiel der Kommodifizierung, zu Erkenntnissen zu kommen, die eine gewisse Distanz zu ihr schaffen, eine Emanzipation, die darin besteht, nicht völlig mit den schlechten Verhältnissen identifiziert zu sein.
Wenn Kunst eine Transitivität der Malerei in tautologischer Leere vorführt, als nichtobjektive Gemälde, deren Bedeutung verteilt sei und vor deren theoretischem Wert sich der Käufer, der sie ja bloß zur Ware machen will, in acht nehmen müsse (D. Joselit über Cheyney Thompson, in TzK, März 2010), dann ist das eine der Malerei nicht zugetraute gattungsspezifische Leistung, die nicht über sie hinausreicht, obwohl es sie zugleich gar nicht vertritt. Innen hohl, außen wirkungslos. Die tautologische Methode der Konzeptkunst diente dazu, bis dahin unsichtbare Kontexte zu betonen. Und das hat sie gründlich gemacht, deshalb führt Thompsons tautologische Entleerung von Malerei zu keiner neuen Erkenntnis der Rahmenbedingungen von Kunst, sondern verharrt, mittels des Paradoxons des Gattungsspezifikproblems bei einer Malerei, deren Hohlheit sie parasitär umrankt, was nichts anderes ist als der alte protestantische Trick: Selbstkritik als Selbstlegitimierung. Während der Zweifler Krebber dabei eine gute Figur macht, gehen seine Nachfolger in der Kühle ihrer 
Verfahrensweise auf. Warum das mehr ist, als nur eine Geschmacksfrage, muss später berichtet werden. (Es hat mit der Adressierung des in dieser Methode enthaltenen Narzissmus zu tun, als adäquates Bild für Ausweglosigkeit. Krebber als Narziss, die andern bloß eitel.)
 
Der Begriff der Medienspezifik ist lange hohl und scheint doch als Instrument zur Unterscheidung von den Kritikern nicht verabschiedet werden zu können. Aber auch ohne eine inhaltliche Definition der Gattung, also einem generischen, statt spezifischen Medienbegriff, ist ein Unterschied, zwischen zum Beispiel der konzeptuellen Praktik Kippenbergers und der malerischen Albert Oehlens, beschreibbar. Denn in der konzeptuellen, möglichst unverdinglichten Praxis steckt ein verdinglichter Malereibegriff, der als Bezugspunkt ihre Freiheit und Unbestimmtheit aus dieser inneren Distanz ermöglicht. Kippenbergers Kulturpessimismus erlaubt ihm die Malerei wie eine abgeschlossene Geschichte zu verdinglichen, also rhetorisch redundant zu behandeln und auf anderer Ebene, politisch, sozial, inhaltlich, also ideologisch, informativ einzusetzen. Oehlen bestimmt >die Malerei< vielleicht wertend ebenso negativ wie Kippenberger, aber er ist insofern Maler, als er sie nicht als Ganzes ideologisch setzt, sondern ihre einzelnen Rhetoriken, Konventionen und >marks<. Die 
gewonnene Distanz und Freiheit liegt also innerhalb des Mediums, das er weiterhin rhetorisch informativ einsetzt. Gerade die Abwesenheit eines spezifischen Medienbegriffs, der ja dann immer eine Bestimmung der Aufgabe von Kunst ist, erlaubt es malerischer Praxis sich innovativ zu verhalten, zu sich selbst, zu ihrer Zeit, oder sonst was. Dagegen ist eine feste rhetorische Fassung, (z.B. Flächigkeit, sozialistischer Realismus, mal doch mal was Schönes), logischerweise ideologisch redundant, und erlaubt nur noch Differenzierungen, also auch rhetorisch nur noch beschränkt Information, also Innovation, und abweichende, also informative, ideologische Aussagen.
Dieses Verfahren von Oehlen und Kippenberger führt nicht sich selber vor als Party für diskursive Zombies und Strohpuppen. Es bietet sich nicht als legitimationssymbiotischer Theoriebehälter an, es hat selber Inhalt. Es dient einer Inhaltlichkeit. Das gibt’s, Kunst mit Inhalt, statt Kontext. Und so ein Inhalt ändert vielleicht nachher mehr am Kontext, als die hohl auf sich selbst verweisende Kontextverherrlichungskunst, die neben einem Begriffszombie steht, den man sonst längst vergessen hätte.
 
Bestimmt ließe sich auch noch manches zur angeblichen Transitivität sagen, parallel zur paradoxen Herstellung einer inexistenten neuen Malerei aus toten alten Begriffen. Das ist 
aber auch nicht so spannend. Es ist sogar total unlustig, Begriffen, die so unscharf gehalten werden wie hier, Malerei, Netzwerk, Transitivität, nachzuweisen, dass sie nicht ineinander passen und dauernd Wörter wie Kommodifizierung zu schreiben, die mein Rechtschreibprogramm zu Recht mit roten Zickzacklinien unterstreicht. Im Übrigen ist man selber auch gegen Verdinglichung, man findet aber, dass man nicht den neuen Wein in die alten Schläuche tun soll, sondern logisch die alten Schläuche in den neuen Wein.
Aber WARUM das alles?
Die Rede von einer Malerei neben sich, oder Transitivität nimmt einen wichtigen Ort jetziger Kunstproduktion in Beschlag, und verbaut ihn mit schiefen und veralteten Begriffen. Unüberwindlich liegt Joselits Text (oder z.B. auch D. Diederichsens Eigenblutdoping) die Voraussetzung zu Grunde, dass ein einzelnes Subjekt gegenüber der Welt stehe, von ihr nicht enthalten, sich zu ihr verhalten müsse. Dann ist da ein Objekt, das macht das Subjekt sich zu eigen, dass es gegen die Welt steht, ein Gegenstand. Und es wird Kontext. Diese Schöpfungsgeschichte scheint so selbstverständlich, dass sie gar nicht mehr als solche erkannt wird, nämlich als die des Vaters des Zweifels, Descartes’ Nase, Gott, und seinem Stellvertreter: ich. Also Objekt und Subjekt.
Wenn man da jetzt Netzwerke einführt, dann geht das eben so, dass der Kontext heutzutage aus Netzwerken besteht, („networks that frame it“) das Objekt also Element von Netzwerken und das Kunstwerk ein schwaches Objekt mit den verknüpfenden Markierungen verschiedener bestehender Netzwerke ist, die es auf diese Weise visualisiert. Erhalten bleibt die heroisch natürliche Guckkastenbühne des Abendlandes und wenn das dort platzierte Subjekt in einer Nase bohrt, die jetzt ein Netzwerk ist, dann ist das Objekt, das da hervorgebracht wird, zwar Teilnehmer als Element des Netzwerks, es ist aber keinesfalls seinerseits an der Hervorbringung des Subjekts mitbeteiligt. Denn das ist dann halt, wenn das Netzwerk auf der Bühne auftritt, statt Bühne zu sein, nicht möglich. Das Netzwerk ist dann nur ein anderes Wort für den Kontext von intakten Subjekten und Objekten. Und der Kontext ist teil der Bühne. Und die Bühne ist nun mal einfach da. Das ist aber alles gelogen. Denn die Bühne ist in Wirklichkeit eine Methode. Nämlich die Methode der Hervorbringung von Subjekten und Objekten, sie ist Descartes’ Subjekt-/Objekttechnik. Netzwerke auf der Bühne der Repräsentation auftreten zu lassen ist ein Kategorienfehler. 
 
Ein Netzwerk ist eine Metapher. Es ist ein Bild für eine bestimmte Organisation von Systemen. Die Organisation 
bestimmter Systeme lässt sich als Netzwerk darstellen. Das heißt, Netzwerke sind eine Methode der Darstellung. Wenn sich ein Künstler oder ein Unternehmensberater darüber klar ist, in welcher bestimmten Hinsicht er ein als Netzwerk darstellbares System darstellen möchte, dann gibt ihm das Bild des Netzwerks dazu die Möglichkeit. Zum Beispiel kann er das System unter den Zielvorgaben der Steuerung oder Verwaltung beschreiben, durch das Verhalten der Elemente/ Knoten, durch die Intensität der Kopplung, indem er bestimmte Effekte als Nutzen setzt oder befragt. Er wird auch eine sinnvolle Begrenzung einführen müssen, also über relevante und irrelevante Verknüpfung entscheiden und inhaltliche Vorgaben machen. Denn selbstverständlich kann man alles mit allem verknüpfen, aber das ist auf der formalen Ebene sinnlos, weil man dann nichts mehr erkennt. Und ideologisch ist es reaktionär. Und das war schon immer so.
Joselit in Painting Beside Itself findet es dagegen sehr schwierig, Netzwerke zu visualisieren. Er erkennt also gar nicht, dass es sich bereits um Visualisierungen handelt, weil das, was er unter Visualisierung versteht, anders organisiert ist und verwechselt die Methode mit dem Gegenstand. Er hat mal >Internet maps< gegoogelt, das hat ihn an Star Trek erinnert, Netzwerke seien so riesig, so erhaben und unbegreiflich. Und die Kunst kriegt den 
Auftrag das jetzt mal darzustellen. Das ist ganz schön traurig. Das Netzwerk soll auf die Bühne, aber es ist so schwer darzustellen, also wird das Verhalten von Objekten in ihnen repräsentiert: die Objekte führen ein neues Stück auf, das intakte Subjekt sitzt im Dunkeln und guckt zu. Die Bühne ist unsichtbar, alles in Ordnung.
Das zeigt die Selbstverständlichkeit mit der Joselit seine Methoden mit der gegebenen Welt verwechselt, und da ist es ein Witz, dass er noch von Verdinglichung redet. Denn Verdinglichung, fraglos existent in der Welt, wird eben durch die Subjekt-/ Objekttechnik der Moderne produziert und reproduziert. Eine angemessenere Darstellung, als Joselits unhinterfragte Fixierung aufs Objekt, (nämlich eine auf Prozess und die Wechselwirkung von Produktion/ Konsumtion, Projektion/ Rezeption), hätte freilich nicht den inneren Widerspruch hervorgerufen, den Joselit, als seinen Tatsachenbefund von künstlerischen Errungenschaften verkauft, die ihrerseits diesen Kategorienfehler antizipieren, indem sie sich auf den Paradoxen zwischen Kunstproduktion und Theorieproduktion gründen.
Ich bin der Meinung, dass man weiterhin Gegenstände herstellen sollte. Ihre Herstellung/ Darstellung als Objekt finde ich falsch. Das Objekt ist eine Methode der Darstellung, genau wie das 
Netzwerk. Methoden der Darstellung bedeuten Erkenntnis und Herrschaft zugleich. Die Mischung der Methoden von Netzwerk und Objekt markiert die gegenwärtige Ausbeutung. Ältere Herren wie Joselit haben dem nichts entgegenzusetzen und sollten wegen Verdunklungsgefahr sofort vom Diskurs suspendiert werden.
 
Sowohl für Joselits Painting Beside Itself, als auch für den erweiterten Artikel in Art Since 1900, dient ein Interview mit Martin Kippenberger von 90/91 als Einstieg. Er wird zitiert: „Simply to hang a painting on the wall and say that it’s art is dreadful. The whole network is important! Even spaghettini…. When you say art, then everything possible belongs to it. In a gallery that is also the floor, the architecture, the color of the walls.”
In >B< Gespräche mit Martin Kippenberger steht da „Geflecht“, an anderen Stellen „Zusammenhang“, jedenfalls geht es ihm nie darum, sein Netzwerk zu visualisieren, er ist kein selbstdarstellernder Netzwerker und auch keiner, der selbstkritisch sein Netzwerk entblößt. Kippenberger war das Netzwerk. Er war auch nicht >sein< Netzwerk, in dem Sinn, dass er dann außer dem Netzwerk, das er hatte, noch etwas anderes gewesen wäre. Er war als die Fülle seiner Darstellungen ein Netzwerk. Mit denen musste in die vorhandenen Zusammenhänge eingegriffen werden, 
um den größeren Zusammenhang nicht bloß darzustellen, sondern im gewünschten Sinne zu verändern. Auf diesen Kippenberger können sich nicht jetzt Leute berufen, die die langweiligste ewige Kontextrepräsentation betreiben, als gäbe es nichts politisch auszusagen, abgesichert durch angebliche Innovationen an komplett elitären und dubiosen Theoriebegriffen. Das ist keine Kunst! Scheiß Hipster!
Ein als Netzwerk darstellbares System hat tendenziell keine festen Hierarchien, Grenzen, Einheiten, sondern Verknüpfungen und ist nicht interessiert an materiellem Besitz, (und es will auch nicht Deine Seele), sondern an Zugang. Wer darin Steuerung übernehmen können will, statt nur gesteuert zu werden, muss selbst Netzwerk werden. Den individuellen Einzelnen kann man vergessen. Die Möglichkeit der Subjekt-/Objekttechnik, außen zu stehen, nicht sichtbar und nicht eingreifend und doch etwas erkennend, nämlich objektiv, kritisch, oder dissident, gibt es im Netzwerk nicht.